Hamburg: Die Götheborg of Sweden zu Besuch in der Hansestadt

 

Eine Reise in die Vergangeinheit

 

Es war für mich eine sensationelle Meldung, als es im Mai 2023 hieß, dass die Götheborg of Sweden die Hansestadt Hamburg für drei Tage besucht und man während dieses Aufenthalts das Schiff auch besichtigen kann. Schon lange wollte ich dieses Schiff mal live sehen. 

1995 als 1:1-Kopie des Originals aus dem Jahr 1738 auf Kiel gelegt, wurde es 2004 getauft und absolvierte von 2005 bis 2007 seine Jungfernfahrt nach China und zurück nach Schweden. Seit dem schippert dieser Nachbau eines Schiffes der Schwedischen Ostindien-Kompanie über die Weltmeere. Bei ihrem Bau wurden die alten Bautechniken verwendet, über die damals verwendeten Holzarten und handgeschmiedete Nägel und natürlich selbst geschlagene Hanftaue bis hin zum Kalfatern mit Teer und und und. Ja, es gibt natürlich auch moderne Elemente an Bord - ohne diese dürfte ein solches Schiff nicht auf See. Aber die Ruderanlage zum Beispiel ist wie beim Original, ohne jegliche hydraulische Verstärkung. Bei einem ordentlichen Püster stehen da schon mal vier Mann am Rad.

Es ist das größte holzgeplankte aktive Segelschiff der Welt. Schon der Anblick des Rumpfes war faszinierend. Das Holz verwittert, Teer quoll aus den Stößen, man sieht, wo repariert wurde. Das Unterwasserschiff nicht gekupfert, sondern nur mit Bleiweiß gestrichen. Farbanstriche nur wenig, die Heckgalerie ja, der übliche Zierstreifen rundrum, in den schwedischen Farben, ansonsten nur das nackte, blanke Holz. 

Als Modellbauer schaut man ja noch ganz anders auf so einen Zeitzeugen. Und hier bestätigt sich das, was wir sowieso schon wussten: Modellbauer bauen viel zu schön. Beispiel die Rüst- und Wantjungfern: Wir Modellbauer achten darauf, dass die Wantjungfern auch ja in einer waagerechten Linie zueinander stehen. Klar doch - wenn das Schiff frisch aus der Werft kommt vielleicht. Aber dann eben nicht mehr - warum auch? Hanftaue sind ein Naturprodukt, das arbeitet, dehnt sich aus, zieht sich zusammen, reagiert auf Wetter, Luftfeuchtigkeit, Temperatur. Tja, und dann sehen die Rüsten eben so aus wie bei diesem Schiff, und so manchen Modellbauer graust es.

Was an Bord sofort präsent war, war dieser wunderbare Duft nach Teer und Holz. Spätestens jetzt fühlte man sich um dreihundert Jahre zurück in die Zeit katapultiert. Gänsehaut pur. Und alles, was man sah, war so authentisch, so... richtig! Die gebauten Masten, die Wuhlinge, die Beiboote, die vielen Details in der Takelage. Diese vielen Details! Ich habe unglaublich viele Bilder gemacht, aber in erster Linie "mit den Augen fotografiert", die Eindrücke tief eingesogen, um sie nicht zu vergessen. Das Ankerspill wird auch wirklich zum Hieven der Anker benutzt. Das Koppelbrett lag dann plötzlich auf dem Spillkopf, hochinteressant. 

Egal ob an Deck oder unter Deck - es gab unglaublich viel zu entdecken und zu bestaunen, wobei man unter Deck nur einen kleinen Teil besichtigen konnte, da, wie erwähnt, die Götheborg of Sweden kein Museum, sondern ein normal im Dienst stehendes Segelschiff mit einer großen Besatzung ist, deren persönliche Bereiche nicht der Öffentlichkeit gezeigt werden. 

 

Nun ja, auch hier hieß es natürlich wieder: "Geh ans Ruder, Bonden!"

 

(Die Tradition dieser Seite fordert zum Schluss dieses Bild regelrecht heraus.) 

 

Der bzw. die Rudergänger standen hier übrigens unter dem Achterdeck und hatten keine Sicht auf das, was vor, neben und hinter dem Schiff passierte. Die entsprechenden Kommandos kamen vom Steuermann oder einem anderen dazu befugten Vorgesetzten auf dem Achterdeck.

 

Der Besuch auf der Götheborg of Sweden war ein echtes Highlight. Gelebte Geschichte, Schiffsbaukunst zum Anfassen, und das Fernweh und die Sehnsucht nach Wind und Wellen gab es gratis dazu.