Frühjahrssegeln mit der Hendrika Bartelds 2017

 

Nun schon zum dritten Mal hieß es für mich "Leinen los!" zum Frühjahrssegeln auf der Ostsee. Und wieder bot das Wetter einen Mix aus so ziemlich allen denkbaren Varianten. Gut so - wer bei einem Törn Ende April anderes erwartet, ist zur falschen Zeit auf dem falschen Gewässer unterwegs.

 

Tag 1 und 2

In diesem Jahr gibt es für mich eine besondere Situation: Ich bin Mitglied des Orga-Teams, habe mich gemeinsam mit meinen beiden MitstreiterInnen mit viel Freude u.a. um die Einteilung der Arbeitsgruppen und die Bordzeitung gekümmert. Nun hoffen wir natürlich, dass alles so klappte, wie wir uns das vorgestellt haben.

Wie immer beginnt der Spaß schon auf der Anreise. Ein Teil der Berliner Mitsegelnden reist gemeinsam im Zug an; jede/r bringt dabei etwas zu Essen und vor allem auch zu Trinken mit. In Hamburg steigt eine junge Frau zu und setzt sich in unsere Nähe,. und schon bald kommen wir ins Gespräch, denn als sie hört, dass wir zum Segeln wollen, fragt sie interessiert nach. Es stellt sich heraus, dass sie selbst auch auf ein Schiff will, und zwar auf die LOVIS. Dieser Zweimaster ist uns gut bekannt, in den letzten beiden Jahren ist sie uns jeweils mehrmals auf der Ostsee begegnet. Und wie sich später zeigen wird, treffen wir sie auch auf diesem Törn wieder.

In Kiel angekommen, werden wir am Bahnhof wieder von anderen Mitseglern, die mit dem Auto angereist sind, abgeholt. Als ich kurz darauf an Bord der HENDRIKA BARTELDS gehe, ist es ein wenig wie nach Hause kommen; sofort stellt sich wieder dieses ganz besondere Wohlfühl-Gefühl ein. Kabinen beziehen, Gepäck verstauen und dann hoch in die Messe, wo sich in einer kurzen Runde alle vorstellen (es sind ja wieder einige Neue dabei...) und es von Klaus, unserem Smutje und Chef-Organisator, erste Einweisungen gibt.

Die Crew ist in diesem Jahr größer als sonst; Raggi, unser Skipper, hat mit Swinda, der Steuerfrau, sowie den Matrosen Joshua und Adam, den wir schon vom Vorjahr kennen, dreifache Unterstützung. Das ist auch gut so, denn wir Sailies sind diesmal nur 23 - im Vorjahr waren wir 32! Da lautet dann auch gleich eine der ersten Ansagen, dass bei Segelmänövern wirklich ALLE rauszukommen haben, damit nix schief geht.

Da ich in unserer Facebook-Gruppe immer mal wieder rumgeblödelt hatte wegen der auf See üblichen Bestrafungen und dabei auch die neunschwänzige Katze erwähnt hatte, bekomme ich zu meiner großen Überraschung dann von einer Mitseglerin eine neunschwänzige Katze geschenkt...

 

Am nächsten Morgen gehe ich noch vor dem Frühstück von Bord, um ein paar Bilder von der HENDRIKA im Morgenlicht zu schießen. Auch in diesem Jahr liegt in der Nähe die ETHEL VON BRIXHAM, die wir auch schon von den Vorjahren kennen. Aber diesmal begegnen wir ihr auf unserem Törn nicht wieder.

Nach dem Frühstück bleibt noch ein wenig Zeit, sich an der Uferpromenade etwas die Beine zu vertreten. Witzig finde ich die Straßenbezeichnung.

 

Am Ende der Kieler Bucht sehen wir einen Dreimaster liegen, können aber nicht erkennen, welcher es ist. Offenbar aber das selbe Schiff, das auch schon im vorigen Jahr dort lag und dann aber, als wir endlich abgelegt hatten, bereits seinen Liegeplatz verlassen hatte.

Dann gibt es von Joshua an Deck eine ausführliche Einweisung; er zeigt allen das richtige Aufschießen von Tauen und all die anderen Dinge, die man eben wissen muss. Und dann geht es endlich los! Glücklicherweise tut uns der unbekannte Dreimaster dieses Mal den Gefallen, nicht wieder Reißaus zu nehmen, und schon bald passieren wir ihn. Es ist die THOR HEYERDAHL, ein Dreimasttopsegelschoner wie unsere HENDRIKA. Sie hat über alle Toppen geflaggt, warum auch immer. Auf jeden Fall bietet sie einen imposanten Anblick.

Der kleine Zweimaster PEGASUS kommt uns entgegen; Raggi hat erfahren, dass das Plattbodenschiff vor Wind und schlechtem Wetter flieht und wieder den sicheren Hafen ansteuert. Wir aber nutzen den Wind, segeln raus in die Ostsee!

Auch diesmal heißt unser erstes Reiseziel Kappeln. Leider spielt der Wind dann später nicht mehr mit, so dass der Motor angeworfen werden muss, damit wir nach Kappeln kommen, Aber dafür haben wir wenigstens reichlich Sonnenschein.

Im Hafen von Kappeln ist alles wie immer: Die einheimischen Angler am Kai maulen rum, dass sie für unser Schiff das Feld räumen müssen, die GOTLAND liegt da und auch wieder die PIPPILOTTA - und ein Stück weiter auch die LOVIS. Und der alte Fischer auf der Hafentreppe sortiert noch immer seinen Tagesfang...

Die GOTLAND mit gekupfertem Rumpf und Holzlatten statt Webleinen fasziniert mich jedes Jahr aufs Neue. 

Vor dem Abendessen bleibt noch Zeit, wieder zum Historischen Museumshafen zu schlendern, und auf dem Weg dahin unterhalten wir uns eine Weile mit der netten jungen Frau, die wir im Zug kennengelernt haben und die jetzt dabei ist, an Bord der LOVIS diverse malermäßige Ausbesserungen am Schanzkleid vorzunehmen.

Im Museumshafen ist es ja nicht so, dass da einfach nur alte Segelschiffe liegen, es wird auch ständig gearbeitet. Jetzt zum Abend sieht man zwar keine Menschen mehr am Schaffen, aber dennoch wird deutlich, was da unter anderem grad gewerkelt wird: Der Baum für ein Gaffelsegel wird restauriert, und mich als Modellbauer interessieren hier natürlich auch die Details. Auch ansonsten gibt es wieder jede Menge Fotomotive für Menschen wie mich, die immer glänzende Augen bekommen, wenn sie Segelschiffe zu sehen bekommen. Und es muss ja nicht immer die VICTORY oder KRUZENSTERN sein...

Diesmal zum Beispiel begeistern mich ein paar Details an einem liebevoll gepflegten kleinen Zweimaster. Da gibt es die klassischen Rüst- und Wantjungfern, ordentlich in alter Manier mit einem Taljereep verbunden, um die Wanten steif zu setzen. Und am selben Schiff - ich traue meinen Augen nicht - zwei Jungfern, die aber mittels Spannschraube verbunden sind. Und einen halben Meter weiter wieder eine Talje mit zwei offenbar frisch eingebauten Violinblöcken.

Sollte im kommenden Jahr wieder Kappeln ein Ziel des Segeltörns sein, freue ich mich schon darauf, denn der Museumshafen hält immer wieder Überraschungen bereit.

Der Abend an Bord wird dann sehr schön. Zum einen gibt es zum Abendessen frischen und wirklich guten bayrischen Fleischkäse, den einer unserer Mitsegler extra mitgebracht hat und der von Klaus sehr schmackhaft zubereitet wird. Und dann holt einer der Neulinge, der Jens, seine Ukulele hervor und überrascht uns alle mit einem reichhaltigen Repertoire an Seemanns- und anderen Liedern. Und als dann noch Adam, einer unserer Matrosen, seine Gitarre holt und mit Jens gemeinsam musiziert, wird es noch stimmungsvoller. Schnell wird Alle, die mit uns auf Kaperfahrt fahren, müssen Männer mit Bärten sein der Lieblingshit dieser Fahrt.

(So ganz am Rande: Der Jens spielt sonst den Bass in einer Iron-Maiden-Coverband und hat sich die Ukulele selbst beigebracht. Und dann hat er auch noch eine angenehme Singstimme... Sensationell!)