Frühjahrssegeln mit der Hendrika Bartelds 2018

 

Vom Wetter her war dieser Törn der schönste bisher – speziell in der zweiten Hälfte waren wir geneigt, die Fahrt in „Sommersegeln“ umzubenennen. Nach drei Jahren Ostsee waren das IJsselmeer und das Wattenmeer für mich völlig neue Segelerfahrungen. Und für mich persönlich gab es noch ein besonders aufregendes Erlebnis...

 

 

Tag 1 und 2

 

Meine Anreise beginnt diesmal in Dresden. Zwei Stunden habe ich Zeit, mich im Zug still und leise auf den Törn zu freuen, ehe es dann mit der Ruhe vorbei ist und ich in Berlin mit etlichen weiteren Segelfreunden in den Zug nach Holland steige. Da auch in diesem Jahr wieder ein Berliner Vortreffen stattfand, kenne ich bereits die meisten der Neuen. Die Fahrt verläuft in der gewohnt heiteren und aufgekratzten Stimmung; mir tun ein wenig die in unserer Nähe sitzenden nicht zu unserer Gruppe gehörenden Reisenden statt; sicher hatten diese sich eine etwas ruhigere Zugfahrt vorgestellt.

 

Nach nicht immer geglückten Umsteigeaktionen in Almelo und Zwolle kommen wir dann gegen 21:00 Uhr in Kampen an, wo wir bereits von anderen Segelfreunden erwartet werden, die zumindest unser Gepäck in ihre Autos laden und zum Schiff fahren. Der etwa 20minütige Fußweg entlang der IJssel zum Liegeplatz der Hendrika Bartelds erfreut schon mal mein Herz, haben hier doch viele Segelschiffe festgemacht. Und in unmittelbarer Nähe zum Liegeplatz der Hendrika Bartelds entdecke ich im Dunkeln die Kampener Kogge, ein 1:1-Nachbau einer Kogge aus dem 14. Jahrhundert. Und der Merkposten für morgen früh wird gesetzt.

 

An Bord gibt es wieder eine herzliche Begrüßung, ich freue mich über viele bekannte Gesichter und begrüße das eine und andere neue Mitglied unserer Wochenbesatzung. Und der kleine Käptn Blackbear ist auch wieder mit dabei.

Es folgt dann die übliche Einweisung von Käptn Raggi sowie wichtige Hinweise von Klaus, unserem Smutje und Organisator. Und da dies ja der 25. Törn von Klaus ist, gibt es jetzt eine besondere Ehrung für ihn: Aus zahlreichen Bildern, die mir zugeschickt worden sind, habe ich ein Fotobuch erstellt, welches tolle Erinnerungen aus 25 Jahren „Segeln mit Klaus“ enthält. Aber auch das Schiff selbst feiert ein Jubiläum – und was für eins! 100 Jahre ist es her, dass die Hendrika Bartelds in Dienst gestellt wurde – damals noch als Heringslogger unter dem Namen „Johannes Last“. Daher erhält unser Skipper Raggi, quasi stellvertretend für das Schiff, ebenfalls ein Fotobuch.

 

Am nächsten Morgen bin ich wie immer am ersten Tag sehr zeitig wach und gehe lange vor dem Frühstück von Bord. Es zieht mich zu der Kogge – wann hat man schon mal die Gelegenheit, so einen tollen Nachbau eines historischen Segelschiffes von so nahe zu sehen? Aber es kommt noch besser: Es kommt eine Frau angeradelt, am Lenker einige prall gefüllte Beuteltaschen. Sie schließt den Zugang zur Kogge auf, sieht mich eifrig fotografieren, wir wünschen uns freundlich einen Guten Morgen, und obgleich sie holländisch spricht, verstehe ich ihre Frage: Ob ich vielleicht an Bord kommen möchte, um da auch zu fotografieren? Begeistert nicke ich, schnappe mir ihre sämtlichen schweren Taschen und wuchte sie an Deck. Und dann stehe ich da und kann mein Glück kaum fassen. Während ich fotografiere, kommen weitere Menschen, und ich werde in ein Gespräch mit einem leidlich Deutsch sprechenden Mann verwickelt, der mir erzählt, dass sie gleich auslaufen werden. Tatsächlich stellt sich heraus, dass sie wesentlich schneller mit ihren Ablegevorbereitungen sind als wir auf der Hendrika, denn während wir noch beim Frühstück sitzen, ruft jemand: „Bonden, guck mal, da draußen!“ Und schon tuckert sie an uns vorbei, raus Richtung Ketelmeer, zwar noch nicht unter Segeln, aber dennoch beeindruckend.

 

Direkt neben unserer Hendrika liegt ein kleine Motorfähre mit dem zu unserem Schiff passenden Namen Hendrikje. Und vor uns liegt der Zweimaster Abel Tasman, den wir auch schon auf der Ostsee des öfteren gesehen haben. Wir werden sie auch diesmal wieder auf See treffen.

Da es wie immer am ersten Tag nicht sofort nach dem Frühstück losgeht, bleibt noch etwas Zeit, die kleine alte Werft direkt an unserem Liegeplatz zu besuchen. Hier beginnt gerade irgendein Fest; es gibt frisch geräucherten Lachs und andere Leckereien, es gibt Musik, und eine kleine Werkstatt mit Museumsteil kann kostenlos besichtigt werden, wovon ich natürlich auch Gebrauch mache. Mit viel Liebe und etlichen schönen Schiffsmodellen wird hier die Geschichte der Schifffahrt der Region beschrieben. Ein älterer Herr, der an einem weiteren Schiffsmodell baut, erzählt uns dann noch viel Wissenswertes vom Bau der Kampener Kogge. Und auf meine Nachfrage, ob man hier fotografieren dürfe und ich die Bilder auch für meine Homepage nutzen dürfe, meint er nur, dass das gar kein Problem sei. Mit vielen tollen Eindrücken und etlichen Fotos verabschiede ich mich schließlich, denn nun soll endlich unsere diesjährige Fahrt beginnen.

 

Endlich geht es los. Ein Blick zurück auf Kampen und die vielen Masten weiter hinten, die von den dort festgemachten Segelschiffen künden.

Erst einmal fahren wir mit Motorkraft und nur bis zu einer Tankstellenschute, wo noch Motorenöl gekauft werden muss. Der Dreimaster, der in einem kleinen Seitenarm in unserer Nähe festgemacht hatte, war inzwischen auch unterwegs, und wie wir auch unter Motor. Dass der Wind zum Segeln durchaus günstig war, zeigte uns dann ein schmuckes kleines Segelboot, der Rumpf aus Holz und einfach nur hübsch anzuschauen.

Der Motor bleibt an, bis wir das relativ kleine Ketelmeer überquert haben und sich die Ketelbrücke für uns öffnet, um uns in das IJsselmeer zu lassen. Hier gibt es dann durch Svinda, unsere Steuerfrau, die obligatorische Einweisung in das Segelhandwerk, und wie man auf dem Bild davon gut sehen kann: Sie gibt wirklich alles!  Und dann gehen endlich die ersten Segel hoch. Ich mache einen ersten Besuch im Klüvernetz, was ja bekanntermaßen mein Lieblingsplatz ist. Hier kann man die sanften Schiffsbewegungen am besten genießen, man sieht, wie der Bug sich im Wasser hebt und senkt und wie sich die Segel im Wind blähen. Allzu sehr blähen sie sich allerdings nicht, und ich bekomme eine Ahnung davon, was die Kenner dieser Gewässer damit meinten, wenn sie sagten, es sei hier ein ganz anderes Segeln als auf der Ostsee.

Eines von den zahlreichen Plattbodenschiffen kreuzt unseren Kurs, leider nicht unter Segeln. Dieser Schiffstyp ist ideal für die oftmals recht flachen Gewässer hier. Sie haben keinen Balkenkiel, ein flaches Unterwasserschiff und nur geringen Tiefgang. Charakteristisch sind die Seitenschwerter an beiden Seiten des Rumpfes. Wir werden noch jede Menge dieser Schiffe sehen, und einige dann auch erfreulicherweise unter Segeln.

Bei der Zubereitung des ersten Anlegerkakaos auf dieser Fahrt bin ich mit dabei, da mein Team an diesem Tag den Bardienst hat. Und unser ersten Zielhafen ist Stavoren. Dazu mehr auf der nächsten Seite.