Alternativ könnte der Bericht auch heißen: "Von Geburtstag zu Geburtstag". Warum, erfährt man am Ende des Berichts.
Ankunft in Hamburg
Unser diesjähriger Törn mit der Hendrika Bartelds begann am 12. Mai ungewöhnlicherweise in Hamburg. Ungewöhnlich für uns - wir starten ja sonst in Kiel (oder auch mal in Kampen NL). Für das Schiff war es hingegen normal, schließlich war am Wochenende Hamburger Hafengeburtstag, und da darf so eine schöner Dreimaster nicht fehlen. Das brachte für mich als Organisator und Smutje ein paar logistische Herausforderungen mit sich: Der Käptn drängte wegen der Tide auf eine sehr, sehr zeitige Abfahrt, möglichst noch vor 07:00 Uhr - ein Zeitpunkt, zu dem noch kein einziger Laden offen hat und kein Lebensmittelieferdienst Essen und Trinken an den Kai bringen will. Und der Tag zuvor war ein Sonntag. Aber Probleme sind dafür da, dass man sie löst; am Ende war alles gut.
Der Liegeplatz unseres Schiffes direkt an der "Elphi" war höchst angemessen.
Bereits am Samstag stand ich am Ruder der Alexander von Humboldt II, besichtigte das polnische Segelschulschiff mit dem schwer auszusprechenden Namen und hatte überhaupt viel Freude am
Trubel des Hafengeburtstages. Am Sonntag zur Auslaufparade waren meine Frau und ich bereits an Bord der Hendrika, arbeiteten dort kräftig mit beim Versorgen der Tagesgäste bei der
Auslaufparade und freuten uns, dass direkt neben uns die Twister war, mit der wir noch vor zwei Monaten in der Karibik unterwegs waren.
Die Auslaufparade hat eine feste Reihenfolge, und so brachten sich erst einmal alle Schiffe in Position. Und da gab es eine schöne Überraschung. Zwar nahm dieser stolze Viermaster nicht an der Parade teil, aber dass wir vor der Peking gewissermaßen eine Ehrenrunde drehten, war so unverhofft wie wunderschön!
Dann ging es los mit der Auslaufparade, und wir setzen ein paar Segel, wie andere Schiffe auch. Es war insgesamt ein fantastisches Erlebnis.
Im Kanal nach Rendsburg und dann endlich in die Ostsee
Es war dann schon recht spät, als wir wieder an unseren Liegeplatz zurückkehrten. Passagiere von Bord, aufräumen, abwaschen, unsere Kabine beziehen - die Nacht war dann recht kurz und für uns bereits deutlich vor 5 Uhr vorbei. Es gibt da diesen bekannten Großmarkt - da durfte ich ausnahmsweise als "Gastronom" ab 5:30 Uhr einkaufen, um die Versorgung für heute und morgen sicherzustellen. Und so konnten wir kurz nach 7 Uhr ablegen - das diesjährige Frühjahrssegeln startete endlich! Wir fuhren unter Motor elbabwärts, die ablaufende Flut unterstützte uns und brachte uns noch vor dem Gezeitenwechsel in die Schleuse Brunsbüttel in den Nord-Ostsee-Kanal. In der Schleuse trafen wir die Luciana und die Zephyr, zwei alte Bekannte. Wir waren also im Kanal und schafften am Ende des Tages auch unser anvisiertes Ziel Rendsburg.
Am nächsten Tag ging es dann noch ein Stück unter Motor weiter, raus aus dem Kanal und hinein in die Kieler Förde. Bevor es aber endlich mit dem Segeln losgehen konnte, mussten wir noch kurz in Holtenau festmachen, wo schon mein Kieler REWE-Lieferant wartete, um das Schiff mit einer Welle von Proviant zu fluten. Es ist immer wieder ein sehenswertes Schauspiel, wie schier endlose Mengen an Kisten, Kartons, Flaschen, Beutel und und und an Bord gebracht werden und am Ende dann wirklich alle irgendwo und irgendwie verstaut sind. Holtenau ist übrigens ein schmucker kleiner Hafen.
Dann aber gehen endlich die ersten Segel hoch. Unser heutiges Ziel ist Masholm. Unterwegs sehen wir die Iris unter Vollzeug - immer wieder schön anzusehen.
Einer unserer Sailies ist ausgebildeter Bäcker, und er zeigt, was er gelernt hat und erfreut uns alle mit einem großen Blech leckeren Obstkuchen mit Pudding und Streuseln, der im Nu weggeatmet ist. Da kann man als Vater schon mal stolz sein auf seinen Sohn.
Masholm ist ein schmucker kleiner Ort, auch wenn man das Gefühl hat, dass dort niemand lebt - wir treffen abends so gut wie keine Leute auf der Straße.
Unter Segeln nach Sønderborg
Am nächsten Tag verlassen wir deutsche Gewässer und segeln nach Dänemark. Sønderborg ist mal wieder unser Ziel; zuletzt waren wir hier 2019. Dieser Segeltag wird - so wie alle weiteren Tage auch - einfach nur perfekt. Stets richtig guter Wind, nicht zu heftig, nicht zu schlaff, viel Sonnenschein und an Bord nur gute Laune. Später besuchen wir mal wieder unseren Lieblingsplatz - das Klüvernetz. Unterwegs treffen wir die Lovis, allerdings fährt sie unter Motor.
Einer der beiden Matrosen erläutert uns mit Kreide auf dem Deck, was bei einer Wende passiert.
In Sønderborg angekommen, stellen wir fest: Der König ist nicht zugegen, denn ansonsten würde am Schloss die dänische Flagge wehen. Aber wir sind da, und das ist ja auch schön. Und durch diese Brücke wollen wir am nächsten Tag fahren.
Als Smutje in der Kombüse
Ich habe noch gar nichts von meinem wichtigsten Job an Bord erzählt. Nicht dass jemand denkt, es gab alle Tage nur trockenen Schiffszwieback mit toten Maden und brackiges Wasser. Nein nein, keine Bange. Der dicke Gasherd und ich sind ja mittlerweile gute Freunde, auch wenn er immer mal wieder meint, rumzicken zu wollen und ewig nicht die eine oder andere Flamme anmachen zu lassen. Alles, was ich gekocht habe, wurde auch gegessen, und fast immer auch nahezu komplett aufgegessen. Ich habe die selben Mengen wie im vorigen Jahr gekocht, aber offenbar war der Appetit dieses Jahr noch größer als sonst. Das warf dann regelmäßig meine Pläne für das Mittagessen am Folgetag über den Haufen, denn das besteht üblicherweise aus geschmierten Broten und Brötchen und eben den Resten vom Vortag. Da musste ich dann ein wenig improvisieren, aber es ist mir niemand verhungert, keine Sorge. Und es blieben diesmal nicht ganz soviel Brot und Brötchen über - auch gut. Die Hauptmahlzeit ist nun mal immer das Abendessen. Und da gab es wie jedes Jahr am ersten Abend Spaghetti Bolognese. Am nächsten Tag servierte ich Hühnerfrikassee, ich hatte Schnitzel mit Mischgemüse und Kartoffeln auf dem Plan und einen Rindergoulasch mit Klößen und Rotkraut. Und dann noch meine selbst erfundene Suppe mit Putenfleisch, grünen Bohnen und Pastinaken. Für diesen Suppenabend habe ich mir extra ein besonderes Shirt angezogen...
An jedem Abend gab es übrigens auch eine vegetarische Alternative. (Die biete ich immer an, wenn jemand bei der Anmeldung zum Törn das ankreuzt, alle sonstigen speziellen Ernährungsformen kann ich nicht realisieren.) Schön war, dass ich auch auf diesem Törn wieder an einem Abend frei hatte. Zwei meiner Sailies zauberten ein sehr interessantes und schmackhaftes vegetarisches Menü, welches auch sehr gut ankam.
Ansonsten habe ich ja von meinem Bäckersohn berichtet, der uns alle zum einen mit einem weiteren tollen Kuchen und dann mit seinem legendären Pizzabrot verwöhnt hat.
Zwischendurch stellt der täglich wechselnde Bardienst Kekse, Waffeln, Obst, Kaffee, Tee und Säfte bereit - im Prinzip gibt es keinen Zeitraum, der länger als 10 Minuten dauert, in dem man nichts zu Essen angeboten bekommt.
Abfahrt mit Hindernissen - von Sønderborg nach Søby
Manchmal ist es verrückt mit dem Wind - man möchte losfahren, aber kommt nicht weg. Der Wind drückte uns an diesem Morgen immer wieder an den Kai, und der Motor der Hendrika ist dann irgendwann auch am ende seiner Kräfte. Aber das ist letztendlich kein wirkliches Problem - auch dafür gibt es eine Lösung: Der Käptn ließ eine lange Trosse ausbringen, deren Auge am Ufer um einen Poller gelegt wurde.
Und dann warpten wir uns daran los, bis wir freies Fahrwasser hatten. Ein netter Mensch am Ufer warf daraufhin die Trosse los, und die holten wir dann ein. Leider gibt es davon keine Bilder, aber das hätte dann auch ein Film sein müssen, um das zu zeigen. Wir rannten dabei einige Runden um den Tisch auf dem Hauptdeck, wobei jeder sich ein Stück Trosse schnappte, die eine viertel Runde mit sich zog, dann fallen ließ und die nächste Runde drehte. Auf diese Art und Weise kam die lange und durch das Wasser schwere Trosse blitzschnell an Bord und lief nicht Gefahr, in die Schraube zu geraten.
Es gibt zwei Wege, um an unser Ziel zu gelangen. Wir entscheiden uns für den nördlichen Kurs, dafür müssen wir, wie bereits erwähnt, durch die Brücke und dann in den Als Sund und dann durch den Als Fjord.
Es wird wieder ein herrlicher Segeltag; mit allen Vorsegeln, dem Schoner und dem Groß machen wir in der Spitze 8,6 Knoten und kommen am späten Nachmittag in Søby an.
Søby hat eine Werft, und in der liegt die Thor Heyerdahl im Trockendock und wird dort überholt. So einen Anblick kann man sich auf keinen Fall entgehen lassen - und wir sind diesem schmucken Schiff schon einige Male auf unseren Törns begegnet.
Abends wird dann die Messe geschmückt, denn heute steigt unsere Bordparty. Wie immer davon keine Fotos - das Motto lautete in diesem Jahr: "Zwischen Schwarz und Weiß passt jede Menge Bunt". Die Kostüme waren wieder vielfältig und einfallsreich, und es wurde ein langes und schönes Fest.
Und am nächsten Morgen durften alle eine Stunde länger schlafen...