Tag 5
Nach dem Frühstück gibt es nur ein Ziel: Das Schifffahrtsmuseum! Die freundliche Dame an der Kasse beantwortet meine Frage nach der Fotoerlaubnis erfreulicherweise positiv. Und was gibt es nicht alles zu sehen! Es ist genau so, wie es auf der Webseite des Museums steht - ich gehe auf eine spannende Entdeckerreise zur Geschichte der Seefahrt, speziell in Verbindung mit der Stadt Flensburg. Toll gebaute Dioramen zeigen den Werftbetrieb in früherer Zeit (ich entdecke sofort "meinen" Ladekran!), zahlreiche Schiffsmodelle lassen das Herz höher schlagen, ich erfahre interessante Fakten zum Walfang, zur Piraterie und auch zur Rumherstellung. Sehr gut gefällt mir auch die Takelwerkstatt; da ich ja begonnen habe, meine Taue für mein aktuelles Modellbauprojekt, die MERCURY, auch dort, wo es historisch korrekt verlangt ist, zu kleeden, bestaune ich natürlich besonders die Kleedekeule.
Am Ende sind es weit über 100 Fotos, die ich auf der Speicherkarte habe, und die Bilder, die ich direkt über die Augen in mein Gehirn geschickt habe, sind noch zahlreicher.
Dann wird auch noch der heute früh wieder geöffnete Teil der Museumswerft inspiziert. Leider schneit es jetzt recht heftig, was das Fotografieren etwas erschwert. (Da ich aber zwei Wochen später erneut - diesmal von der Landseite - nach Flensburg komme, mogele ich hier einfach ein paar Bilder dieses Aufenthalts mit rein...)
Als wir dann die Leinen loswerfen, ist es schon fast Mittag. Aber wir haben uns kurz vorher noch mit den leckersten Fischbrötchen in Flensburg, vom Stand direkt am Museumshafen, gestärkt. Die werden immer frisch zubereitet, das große Brötchen kommt vorher nochmal in den Ofen, ist also noch warm, und egal ob Matjes, Lachs oder Bismarckhering - jedes schmeckt einfach sensationell gut. Und ich schwöre drei heilige Eide, dass ich mit dem Betreiber dieser Bude weder verwandt noch verschwägert und auch in keinem wie auch immer gelagerten wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis stehe - ich bin einfach nur begeistert von der Qualität der Fischbrötchen dort.
Während wir noch die Brötchen genießen, klart der noch kurz vorher dunkle Himmel auf, und als es dann endlich wieder losgeht, glaubt man mit Blick auf den Himmel gar nicht, dass noch vor zwei Stunden Schneeflocken durch den Flensburger Hafen wehten. Bei schönstem Sonnenschein und wenig Wolken legen wir ab.
Unser Ablegemanöver verfolgen wieder viele Schaulustige. Die Smartphones und Fotoapparate arbeiten auf Hochtouren, und wir an Bord auch: Kaum sind wir vom Kai freigekommen, werden auch schon Segel gesetzt, und der Motor wird nach sehr kurzem Einsatz wieder ausgeschaltet.
Das ist der Nachteil an der Tatsache, dass wir mit deutlich weniger Leuten segeln als in den Jahren davor: Da man immer mit anpacken muss, bleibt bei Segelmanövern kaum Zeit, um von der Arbeit an den Tauen ein paar Fotos zu schießen. Immerhin kann ich nochmal die alten Traditionssegler und meinen geliebten Ladekran im Museumshafen aufs Bild bannen. Aber man sieht auf dem einen Bild sehr schön, wie unsere Steuerfrau ganz ohne Hilfsmittel mit der Brücke kommuniziert, um zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Befehle zum Setzen der richtigen Segel zu geben.
Dann segeln wir, und es ist wieder Zeit, um die Fahrt einfach nur zu genießen.
Am Horizont taucht ein Zweimaster auf, leider nicht unter Segeln. Dennoch, ein Segelschiff ist für mich immer ein Erlebnis, und schon bald ist es so nah, dass man erkennen kann, um welches Schiff es sich handelt. Es ist die ROALD AMUNDSEN, eine schmucke Brigg, die 1952 auf der Werft im Anhaltinischen Rosslau als Logger VILM für den Fischfang gebaut, 1992 zu einem Segelschiff umgebaut und 1993 unter dem jetzigen Namen in Dienst gestellt wurde. Wir grüßen freundlich hin und her, ehe sie mit anderem Kurs bald in der Ferne verschwindet.
Unser heutiges Ziel ist das dänische Augustenborg. Dazu müssen wir zuerst wieder durch die Flensburger Förde nach Sønderborg. Um dann in den Als sund zu kommen, also die Wasserstraße, die uns nach Augustenborg bringt, müssen wir warten, bis sich für uns die Klappbrücke Kong Christian den X’s Bro öffnet. Während der Wartezeit sehen wir nur ein Stück entfernt einen Delfin im Wasser; aber noch bevor jemand eine Kamera zur Hand hat, ist er leider wieder verschwunden.
Nach dem Mittagessen entere ich auf - mindestens einmal muss das einfach sein auf so einem Törn. Ich werde bestimmt niemals in meiner Begeisterung darüber nachlassen, was es für ein Erlebnis ist, unter sich das Schiff durch die Wellen pflügen zu sehen und die Fahrt aus luftiger Höhe zu genießen.
Es ist schon 20:30 Uhr, als wir dann endlich am Kai von Augustenborg festmachen.
Tag 6
Nach dem Frühstück bleibt noch reichlich Zeit, sich in der kleinen Stadt Augustenborg umzuschauen. Die markanteste Sehenswürdigkeit ist das Schloss, welches bereits in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts gebaut wurde. Hinter dem Schloss findet man eine schöne Parkanlage mit jeder Menge Kunst aus heutiger Zeit. So darf man zum Beispiel nicht erschrecken, wenn einem auf einmal mitten im Wald ein lebensgroßer Hulk gegenüber steht...
Zurück am Hafen heißt es dann, das Sonnensegel einzuholen, denn schließlich wollen wir weiterfahren. Die heutige Fahrt ist eine Mischung aus Segeln und Motorfahrt, alles in allem relativ entspannt, und ich habe mal wieder Zeit, mich auf meinem Lieblingsplatz, dem Klüvernetz, zu tummeln. So rittlings auf dem Klüverbaum macht auch mal Spaß!
Dann holt Jens seine Ukulele auf das Vordeck, und bald schon sitzen ganz viele Sailies um ihn herum und singen oder summen die Shanties und anderen Lieder mit, die er spielt, während der Wind die Segel bläht und unser Schiff durch die Wellen pflügt. (Für den Außenstehenden mag sich das jetzt kitschig lesen - aber wer dabei war, weiß, dass das einfach nur schön war und passender nicht sein konnte.)
Der heutige Zielhafen heißt Gelting. Nach dem Abendessen wird eifrig die Messe geschmückt, denn heute steht unser Bordfest an. Das Motto lautet in diesem Jahr "Aus der Zeit gefallen" - das lässt weiten Spielraum für vielfältige Kostümideen. Und neben Wikingern, Piraten und Vertretern aus anderen Epochen waren auch die Hippies der 60er stark vertreten...
Wie immer werden ...aus Gründen keine weiteren Bilder dieses wieder sehr gelungenen Abends gezeigt.
Fest stand nur eins: Morgen fängt alles etwas später an...