Baubericht HMS Mercury, Kapitel 5: Trempelrahmen, Zweitbeplankung, Vorbereitung Drittbeplankung


Trempelrahmen

Einen Tag später war ich Bonden, der Trempelritter. (Nein,kein Tippfehler!)

Nachdem ich die Relingstützen mit den weiter vorn beschriebenen Problemen angebracht hatte, konnte ich die erste Lage Bordwand anbringen.
Man sieht, das ist relativ dünner Karton, macht aber nix, denn später wird davon nichts mehr zu sehen sein. Meine aktuelle Aufgabe bestand jetzt darin, die innere Bordwand anzubringen. Diese besteht aus 9 Teilen auf jeder Seite, wie man leicht durch Abzählen der von den Schotts und den Schanzkleidstützen gebildeten Abschnitte herausbekommt. Und da kommen jetzt die Trempelrahmen ins Spiel! Laut Bauanleitung soll man die erst zusammenbauen und dann an die dünne "Hilfsbordwand" kleben, um danach die inneren Bordwandteile anzubringen. Ich hab das an Steuerbord ganz vorn versucht und war mit dem Ergebnis nicht zufrieden. Das war mir zu kompliziert, zu unlogisch und zu unsauber. Also entschied ich mich, die Rahmen direkt auf den inneren Bordwandteilen zu bauen.

Dazu muss gesagt werden, dass die Trempelrahmen hier nicht die innere Umrandung der Stückpforten bilden, sondern im Prinzip nur der Abstandshalter zwischen innerer und "Hilfs-"Bordwand sind. Das macht es nicht unbedingt einfacher... Ein erster Versuch sah gut aus, war auch von vorn recht hübsch anzusehen und passte beim Probestecken auch an die richtige Stelle an Deck. Also frisch ans Werk. Insgesamt sind 24 Stückpforten zu versorgen; jeder Rahmen besteht aus vier dünnen Kartonstreifen, und für jeden Rahmen gibt es extra nummerierte Streifen, obwohl fast alle identisch aussehen!  Die Produktion ging also in Serie.

Ich habe ja von den zu dicken Schanzkleidstützen berichtet. Die führten dazu, dass die Bordwandteile nicht passten, ich musste die meisten mit dem Messer bearbeiten. Und nicht nur das: Die hinteren Schotts musste ich ebenfalls sowohl von der "Hilfsbordwand" als auch teilweise vom Deck lösen, um alles irgendwie passend zu machen. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich habe es irgendwie geschafft!  Die Teile für die äußere Bordwand hatte ich zwischendrin dann schon mal aus dem entsprechenden Bogen geholt, um durch Anhalten immer wieder zu schauen, ob es denn auch nach Anbringen dieser finalen Stücke gut aussieht. Es sieht, da bin ich mal ganz sicher! Auf jeden Fall sieht das Schiffchen jetzt so aus:

Die Bauanleitung meint, dass ich jetzt bald das Vordeck und das Achterdeck aufsetzen soll. Einen Teufel werde ich tun! Bevor ich das mache, will ich rumpftechnisch bedeutend weiter sein, denn wenn ich die Decks schließe, muss ich vorher die darunter stehenden Kanonen einbauen.
Und damit will ich mir noch Zeit lassen.


 Zweite Beplankungsschicht

Diese hässlichen Löcher an Deck sind jetzt endlich ordnungsgemäß verschlossen, sprich, auf den Luken sind jetzt die Grätings. Und an Backbord habe ich mal mit der Zweitbeplankung begonnen - so langsam sieht es immer mehr nach Schiff aus.
Dann ging es weiter mit der Rumpfbeplankung, Phase 2. Der Rumpf bekommt ja drei Beplankungsschichten, ab der Wasserlinie sogar vier (Kupferung). Die erste Schicht ist ja bereits drauf, das waren die senkrechten Streifen zwischen den Spanten. Nun also die Zweitbeplankung, hier sind jeweils drei bis fünf Planken in einem breiten Streifen zusammengefasst. Auch diese Teile sind gelasert, was sehr wichtig ist. Die Planken sind eingraviert, so dass man die Streifen sehr gut vorbehandeln kann, bevor man sie anbringt. Ich nehme dazu ein ausgedientes Eßstäbchen aus dem Lieblings-China-Restaurant und bringe den Karton in Form.

Den Weißleim trage ich mit einem breiteren Pinsel auf, das geht schneller als mit der Zahnstochermethode und ist für so relativ großflächige Teile ideal. Wichtig ist, mit jedem einzelnen Teil vorher eine "Trockenprobe" zu machen, so erkennt man, wo es Störungen gibt. Ich habe auf die Art eine kritische Stelle gefunden, an der ich mit einer Nagelfeile einen Spant etwas abgehobelt habe, weil ansonsten eine zu große Lücke zwischen zwei Teilen entstanden wäre. Insgesamt sind auf jeder Seite 14 dieser Teile anzubringen; jede "Etage" besteht aus zwei Teilen; nach knapp drei Stunden konzentrierter Arbeit ist die zweite Beplankungsschicht fertig.



 Gedanken zur Drittbeplankung

Die Drittbeplankung wird dann ganz traditionell Planke für Planke realisiert. Ob und wenn ja was ich da noch vorbereitend mache, weiß ich noch nicht. Es gibt da nämlich unter Umständen ein Problem:
Die größte Herausforderung bei einem Schiffsmodell aus Karton ist bekanntlich, die Rumpfform flüssig und gefällig, ohne hässliche Kanten hinzubekommen. Da sind die "Holzwürmer" unter den Modellbauern klar im Vorteil - Papier sucht sich ob seiner fragilen Konsistenz viel leichter den kürzesten Weg zwischen zwei Punkten als Holz. Ich hoffe, ich kann mich im Folgenden verständlich machen: Die Spanten haben einen gewissen Abstand zueinander. Die aus relativ dünnen Kartonstreifen (eher ein wenig dickerem Papier) bestehende Erstbeplankung hat die Kanten der Spanten auf direktem Weg miteinander verbunden - oberflächlich betrachtet eine runde Sache, bei genauerem Hinsehen aber doch im um 90° gedrehten Wasserlinienschnitt ein Vieleck. Die Zweitbeplankung besteht aus - im Vergleich zur ersten Schicht - dickerem Karton, ca. 0,5 mm. Der gleicht zwar das Niveaugefälle zwischen den Spanten etwas aus, aber man sieht dennoch noch immer sehr deutlich, wo die Spanten sitzen. Die große Frage ist nun: Werden die einzelnen Planken der Drittbeplankung (ebenfalls ca. 0,5 mm) diese derzeit gut sichtbaren Dellen verschwinden lassen? Spannende Frage!
Ich denke auch über ein Spachteln des Rumpfes nach, kann mich aber aus mindestens zwei Gründen nicht so recht mit dieser Variante anfreunden: Zum einen ist da die äußere Bordwand. Diese Teile sind schon das Finale, da kommt - außer Farbe und hier und da noch dies und das - keine weitere generelle und durchgehende Schicht mehr drauf. Das heißt, ich müsste das beim Spachteln und vor allem beim späteren Schleifen sehr gut schützen. Zum anderen das, was dann passiert: Bis jetzt waren die Beplankungsteile von der Passgenauigkeit sehr gut. Mit einer Spachtelung verändere ich zwangsläufig Abmessungen, und selbst bei sorgfältigster Arbeit ist nicht ausgeschlossen, dass die Oberfläche des Rumpfes nicht mehr so homogen ist, wie es für die Drittbeplankung nötig ist. Die Gefahr, dass es dann ungewollte Lücken zwischen den Planken gibt, ist real und begründet sich auch aus Erfahrungswerten: Bei der Papegojan habe ich auch den Rumpf nach der Erstbeplankung gespachtelt. (Dort gab es nur zwei Schichten.) Nach der Zweitbeplankung kam mir nur der Umstand zu Gute, dass auf jeden Stoß zwischen den Plankenteilen ein Barkholz das Schlimmste verdeckt hat. Die Niveauunterschiede waren teilweise doch recht krass. (Jetzt, wo das hübsche Pinassschiff fertig ist, kann ich es ja verraten.)
Mein Optimismus sagt mir, dass die bei Shipyard nicht umsonst drei Beplankungsschichten vorgesehen haben und es sich dann auch erledigt hat mit den Dellen durch die Spanten. Vielleicht schneide ich mir ja aus einem der Plankenbögen vom Rand einen plankenähnlichen Streifen ab und klebe ihn mal probeweise an, um zu sehen, wie das dann aussieht. Runtergefetzt ist der dann schnell. Um auch mal zu zeigen, was ich meine, habe ich mal ein Foto mit dem bösen Blitz gemacht. Stört euch mal nicht an den Strichellinien, schaut in Richtung Heck, da wird es, glaube ich, deutlich, wo mein Problem liegt:

Das Herumdenken hat dann später zu einer möglichen Lösung geführt - allerdings nicht zu der, die das Problem wirklich löst. Ich habe Papierstreifen in die durch die Spantenkanten gebildeten Dellen geklebt, in der Hoffnung, dadurch die Niveuaunterschiede auszugleichen. Im Ergebnis muss ich leider sagen, dass das nur zum Teil gelungen ist. Nach den ersten beiden Planken sah noch alles gut aus, aber dann wurde es doch deutlich, dass leichte Unebenheiten noch immer zu sehen sind. Aber kein Grund, den Kopf hängen zu lassen: Ich bin mittlerweile mit der Drittbeplankung auf der Steuerbordseite zu gut zwei Dritteln fertig, und auf den Großteil dieser Arbeit kommt ja dann noch die Kupferung. Das bietet mir die Chance, da vorher noch was am Untergrund zu machen. Die Backbordseite habe ich nach diesen Erfahrungen einer Sonderbehandlung unterzogen, die noch nicht beendet ist. Darüber berichte mal besser erst, wenn sie abgeschlossen ist und - hoffentlich - zum Erfolg führt.