Frühjahrssegeln mit der Hendrika Bartelds 2019

 

Tag 3

 

Bevor wir in Sønderborg ablegen, bleibt noch ein wenig Zeit nach dem Frühstück, um ein Stück in der kleinen Hafenbucht entlang zu spazieren. Außerdem liegt eine alte Bekannte ein Stück entfernt am Steg, die LOVIS, da muss ich natürlich auch mal hin. Ein Segelfreund hat seine Drohne dabei und macht damit im Laufe unseres Törns tolle Fotos. Mit seiner freundlichen Erlaubnis darf ich ein paar von denen auch für meinen Reisebericht verwenden - danke, Kai!

Man sieht auf den Fotos, dass es das Wetter wieder richtig gut mit uns meint. Und schon bald legen wir wieder ab, unser heutiges Ziel ist das wunderschöne Flensburg.

 

Der heutige Törn wird ein sehr entspannter. Kaum haben wir abgelegt, werden die Segel gesetzt. Ich löse im Klüvernetz den Außenklüver, damit auch er hochgezogen werden kann. Ein mäßiger Wind schiebt uns gemächlich in Richtung Flensburg, es sind so gut wie keine Manöver notwendig. Und so entern die ersten Mutigen auf, andere entspannen im Klüvernetz oder einfach nur an Deck, genießen die Sonne und die ruhige Fahrt. Kai ist heute besonders tapfer und startet seine Drohne während der Fahrt. Andere lassen einen Drachen steigen, der dann aber - im Gegensatz zur Drohne von Kai - ins Wasser fällt. Aber es gelingt uns mit gemeinsamen Anstrengungen, den Drachen wieder aus dem Wasser zu fischen. Bei der Drohne wäre uns das sicher nicht gelungen, aber glücklicherweise landete sie wieder heil an Deck. 

Einmal pro Fahrt muss es mindestens sein: "Geh ans Ruder, Bonden!" Und dann suchen Colin und ich die nächste Boje. Alles in allem also einfach nur ein schöner Segeltag.

 

Ständiger Begleiter des heutigen Tages ist ein Zweimaster mit rotem Rumpf, von dem wir erst denken, dass es die LOVIS ist, die wir ja in Sønderborg gesehen haben. Aber später am Tag stellt sich heraus, dass es die nahezu baugleiche RYVAR ist. Dieses Schiff wurde 1916 als Segellogger gebaut, hat seit dem etliche Eignerwechsel, unterschiedliche Namen und verschiedene Umbauten erlebt. Seit 1996 ist die Gaffelketsch als Traditionssegler mit Heimathafen Flensburg in der Ostsee sowie im Atlantik von Brest bis Bergen unterwegs.  

Für mich bietet sie ein paar tolle Fotomotive. Später in Flensburg im Hafen habe ich die Gelegenheit, mit dem Skipper einen netten Schnack zu halten, bei dem ich ihn auch auf meine Seite hier einlade. Und, hat es geklappt? 

Im Hintergrund ist noch ein Dreimaster zu sehen; leider weiß ich nicht, welches Schiff das ist. Und auch kleinere Segler sind auf der Flensburger Förde unterwegs.

 

Wir legen am Nachmittag in Flensburg an, und ein Teil von uns folgt der Einladung unserer ehemalige Matrosin in ihr Lokal, welches in wenigen Tagen eröffnet werden soll. An diesem Tresen lässt es sich gut verweilen; immerhin 12 verschiedene Biersorten, alle vor Ort gebraut, werden dort im Angebot sein. Ich entscheide mich für ein IPA und bin sehr begeistert. 

Auf dem Rückweg schaue ich kurz im Museumshafen vorbei - hier sollen morgen früh, wenn das Gelände wieder offen ist, noch ein paar aktuelle Bilder geschossen werden. Der schmucke Ladekran steht natürlich noch immer da. Und dann ist "blaue Stunde", und die HENDRIKA bietet wieder ein ganz besonderes Motiv im Flensburger Hafen. 

 

Tag 4

 

Von allen bisherigen Häfen, in denen wir beim Ostseesegeln angelegt haben, ist Flensburg mein Favorit. Die Museumswerft bietet immer wieder Neues, die Stadt selbst ist wunderschön und die vielen kleinen Traditionssegler im Museumshafen lassen regelmäßig mein Herz höher schlagen.  

Am späten Vormittag legen wir ab - unter Segeln. Und wieder stehen jede Menschen am Kai und filmen und fotografieren, und bestimmt sind viele darunter, die jetzt auch gern bei uns an Bord wären. Aber nach wenigen Metern stoppt Raggi unsere Fahrt. Dann wird das Schlauchboot zu Wasser gelassen, und ein kleiner Trupp fährt damit rüber zum Museumshafen. Und warum? Weil es dort eine Bude mit den wahrscheinlich leckersten Fischbrötchen in Flensburg gibt und diese um 12:00 Uhr öffnet.  Später sieht man dann in der Messe und an Deck glückliche Menschen in ihr Matjes- oder Krabbenbrötchen beißen. 

Man sieht es an den Bildern - heute hat sich die Sonne hinter den Wolken versteckt. Aber es bleibt trocken, wir haben angenehmen Wind und segeln wieder in dänische Gewässer. Die kleine Insel Lyø ist unser heutiges Ziel. Heute entere ich zum ersten Mal bei diesem Törn auf. Auf die Saling schaffe ich es noch nicht, das auch, weil ganz oben an den Wanten sowie den Püttingswanten noch Webleinen fehlen. Im Winter wurden die Webleinen erneuert, und offenbar ist man nicht ganz fertig geworden. 

Wie schon im vorigen Jahr biete ich dem Käptn an, kleinere Löcher im Klüvernetz zu flicken, und bei der Gelegenheit frage ich auch nach den fehlenden Webleinen. Eher aus Spaß biete ich auch da meine Hilfe an und bin total überrascht, als der Skipper auch dazu Ja sagt. Aber jetzt erst einmal das Klüvernetz. Gemeinsam mit Colin arbeite ich weniger später daran; ich flicke die kleineren Löcher, er repariert eine größere defekte Stelle.

Nach dem Mittagessen fragt mich Colin, ob ich ihm noch bei einer weiteren Sache am Klüvernetz helfen wolle - aber, betont er: "It's dangerous!" Ich denke mir nichts dabei und hebe selbstverständlich den Daumen. Aber was ich dann erlebe, hat es echt in sich. Dazu ein paar erklärende Worte: Das Klüvernetz ist unter dem Bugspriet nicht durchgängig, sondern geteilt. Es sind quasi zwei "Flügel", die unter dem Klüverbaum an zwei dicken Tauen, die links und rechts an den Seiten des Bugspriets entlanglaufen, vertäut sind. Unsere HENDRIKA hat im Winter etwas an Länge verloren. Die Spitze des Klüverbaums musste gekürzt werden, da das Holz dort etwas morsch geworden war. (Daher hat sie nun auch keinen Jäger mehr - das vorderste Stagsegel - das Stag ist zwar noch da, aber leer.) Offenbar haben die damit verbundenen Arbeiten dazu geführt, dass das Klüvernetz nicht mehr so straff wie vorher gesetzt ist. Das hat zum Beispiel das tägliche Einbinden der Vorsegel am Ende eines Segeltages unnütz erschwert, wie ich selbst jeden Tag bemerke. Also muss da Abhilfe geschaffen werden.

Und so sitze ich wenig später rittlings hinter Colin auf dem Klüverbaum. Wir haben jeder einen Sicherheitsgurt um und sind an einem Stahlseil, welches an der Spitze des Klüverbaums befestigt ist, locker im Netz liegt und mit dem anderen Ende an der Bugreling befestigt ist eingehakt. Nun lösen wir unter dem Klüverbaum die Vertäuung der beiden "Flügel" des Netzes, Colin an Steuerbord, ich an Backbord. Als dann die beiden Teile des Netzes herunterhängen, habe ich den freien Blick auf die unter uns rauschende Ostsee; würde ich jetzt vom Baum rutschen, hinge ich irgendwie am Sicherungsseil und würde wahrscheinlich auch mit dem kalten Wasser Bekanntschaft machen. Jetzt weiß ich, was Colin mit "It's dangerous!"  meinte... Nun beginnen wir, die beiden Teile wieder zu befestigen, aber nun gegenläufig, das heißt, ich meine Seite am Steuerbordtau und er umgekehrt. Schließlich ist alles fest vertäut, man kann wieder im Netz stehen und es ist jetzt deutlich straffer. Zurück an Deck klatschen Colin und ich uns ab, und erst jetzt merke ich, dass ich innerlich zittere nach diesem Adrenalinschub. 

Schade ist nur, dass offenbar niemand diese Aktion im Bild festgehalten hat. Aber mir wird dieses Erlebnis unvergesslich bleiben - und wenn ich darüber nachdenke, weiß ich, dass ich es wieder machen würde.

Später setzen wir dann noch die Brefock. Dieses riesige Segel ist bei den "alten Salzbuckeln" geliebt und gehasst gleichermaßen. Einmal je Fahrt muss es unbedingt gesetzt werden. Das Schwierigste ist immer das Einpacken, nachdem es wieder abgeschlagen wurde. Es bedarf da schon einer sehr speziellen Falttechnik, um am Ende wieder ein Paket zu haben, welches auch in den dafür vorgesehenen Segelsack passt. 

 

Der heutige Törn endet recht spät, und das Abendessen gibt es auf See. In Lyø angekommen heißt es dann, die Messe schmücken und die Kostüme anziehen, denn es ist der Abend unserer Bordparty. Das diesjährige Motto lautet "Rund um die Welt", und passend dazu hat Klaus am Nachmittag auf See schon mal einen Kuchen gebacken. Die Party wird ein voller Erfolg, und wie immer, aus Gründen..., davon keine Bilder...