Mein erster Törn mit der Hendrika Bartelds

 

Tag 3

Am nächsten Morgen legen wir wieder ab; wir müssen aber warten, bis sich die Klappbrücke öffnet, was stündlich immer zur Dreiviertelstunde passiert. 

Die Aal- und Fischräucherei Friedrich Föh liefert hier seit über 100 Jahren leckeren Räucherfisch; die markanten drei Schornsteine sind weithin zu sehen. Ob die Angler, die hier im seichten Wasser stehen, ihren Fang auch dort räuchern lassen?

Während wir schon wieder unter Segeln unterwegs sind, begegnen wir zwei weiteren Segelschiffen. Aber sowohl die PETRINE - ein gaffelgetakelter See-Ewer, gebaut 1909 - als auch die LOVIS - eine Gaffelketsch, die schon 1897, ursprünglich als Dampfschiff, auf Kiel gelegt wurde - fuhren noch unter Motor, obwohl schon feiner Segelwind herrschte. Nun, speziell die LOVIS sollten wir dann später noch sehr eindrucksvoll unter Segeln wiedersehen. Offenbar wurde dort grad klar Schiff gemacht, wozu man eine Pütz Meerwasser an Bord holte.

Wenn ich weiter vorn schrieb, dass an Bord der Hendrika Bartelds alle nahezu alles machen, gehört dazu auch das Steuern.  Wer will, darf mal am Rad drehen - und wie ich das wollte! Meinem Spitznamen alle Ehren machend hörte ich auf den aus dem Film "Master and Commander" bekannten Ruf: "Geh ans Ruder, Bonden!" Beim ersten Mal zwar nur eine kurze Weile, aber es war schon sehr spannend, und ich nahm mir vor, dass das auf jeden Fall wiederholt werden sollte.

Da es jetzt heftiger wehte, legte sich die Hendrika schön in den Wind. Wer so etwas noch nie erlebt hat, kann vielleicht nicht nachempfinden, was das für ein tolles Gefühl ist; alle anderen wissen, wovon ich rede, wenn ich sage, dass solche Momente mit zu den schönsten auf einem solchen Törn gehören.

 

Das heutige Tagesziel hieß Sønderborg. Diese dänische Stadt an der Flensburger Förde, nahe der Grenze zu Deutschland, sollte uns länger als Gast haben als geplant - dazu später mehr. Direkt vor dem Sønderborger Schloss legten wir an.

 

An dieser Stelle will ich einmal schildern, was beim Anlegen so alles passiert an Bord: Der Skipper steuert das Schiff vorsichtig unter Motor an den Kai. Sobald er in Ufernähe ist, springen ein oder zwei Leute an Land und lassen sich die verschiedenen Leinen zum Festmachen des Schiffes zuwerfen. Alle Häfen bieten dafür entsprechende Poller. Wichtig ist, dass am Ende alle Leinen straff geholt sind und das Schiff fest vertäut liegt. Währenddessen wird die Persenning ausgebracht, ein Segeltuchdach, welches die Back, also den offenen Bereich mittschiffs, wo sich der große Tisch und die darum drapierten Bänke befinden, überdacht. Dies soll den eventuell vorhandenen Regen und auf jeden Fall den Nacht- und Morgentau abhalten. Das an dem Tag dafür zuständige Team bereitet derweil den Anlegerkakao vor. Das Schiff wird dann mit dem örtlichen Stromnetz verbunden; auch die Frischwasserleitung wird installiert, ebenso wird für die Entsorgung der Abwässer gesorgt. Erst wenn alle Leinen straff sind und der Motor ausgeschaltet ist, wird der Anlegerkakao unter der Persenning serviert - wahlweise pur oder mit einem kräftigen Schuss Amaretto, und je nach Wunsch auch noch mit einer Sahnehaube versehen. Klaus, unser Smutje, begrüßt uns dann alle offiziell am jeweiligen Liegeort. Bis zum Abendessen haben dann alle die, die keinen Abendbrotdienst haben, Freizeit, und können den Ort erkunden oder einfach nur relaxen.

Das Abendessen wird - ebenso wie das Frühstück - immer gemeinsam eingenommen. Bevor nicht alle in der Messe versammelt sind, wird nicht angefangen. Speziell früh sollte man sich nicht verspäten oder gar verschlafen - wer einmal mit Kochlöffelgeklopfe am größten verfügbaren Kochtopf direkt neben seinem Ohr geweckt wurde, stellt sich künftig drei Wecker und verschläft nie wieder...

 

Auf der heutigen Fahrt war in der Takelage vom Fockmast etwas gerissen. Unser Skipper und seine Matrosin enterten also auf und reparierten eifrig.

 

Während die Crew also eifrig am Reparieren war, nutzte ich die Zeit bis zum Abendessen und unternahm eine erste kleine Erkundungstour in der hübschen dänischen Kleinstadt. Interessanterweise gab es direkt am Stadthafen eine Begegnung  mit Günther Grass. Zwar nicht direkt mit dem Schriftsteller selbst, aber dennoch recht eindrucksvoll.

 

Tag 4

Tja, am folgenden Morgen teilte uns der Skipper mit, dass wir heute nicht weiterfahren können. Draußen tobte ein ziemlich heftiger Wind, der genau in die Flensburger Förde wehte und dort eine Welle auftürmte, gegen die wir nicht mal mit Motorkraft ankommen würden. Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass wir am folgenden Tag unsere Fahrt fortsetzen könnten. Nun, diesen aufgezwungenen Ruhetag nutzten wir so gut es ging. Ort erkunden, faulenzen, lesen, quatschen - auf was man eben so Lust hatte. Das Wetter wurde immer besser, und wir freuten uns alle auf den nächsten Tag.