Frühjahrssegeln mit der Hendrika Bartelds 2016

 

Tag 4

Am nächsten Tag nehmen wir Kurs nach Haderslev. Vor dem Ablegen ist u.a. eine Aufgabe, die sog. Klapperleinen an der Takelage der großen Gaffelsegel zu lösen. Das ist gar nicht so leicht, wie es auf dem Bild aussieht, alles wackelt, und man braucht eine Hand zum Festhalten und muss mit der anderen einen ziemlich festen Knoten lösen.

Das Wetter ist heute nicht schön, es regnet viel. Ich stehe wieder für eine Stunde am Ruder, trotz Regen - was immer der Dienst erfordert... Und es macht ja auch Spaß!  Außerdem wird man am Ruder meist gut betreut, die diensthabene Tresen-Crew bringt einem heißen Tee und Kekse oder Obst.


Nach dem Mittagessen, was wie immer während der Fahrt eingenommen wird, wobei sichergestellt ist, dass immer genügend Hände für kurzfristige Arbeiten an Deck bereit sind, wird es total aufregend für mich: Um nach Haderslev zu kommen, gilt es, einen langen, kurvigen Fjord entlang zu fahren. Die Fahrrinne ist schmal und durch grüne und rote Bojen markiert, die es tunlichst nicht zu rammen gilt. Ich darf erneut am Rad stehen, und es ist total spannend, diesen 50 Meter langen Pott durch diesen Bojen-Slalom zu steuern! Der Skipper übernimmt lediglich an einer extrem gefährlichen Stelle das Ruder, lässt mich danach aber wieder weitersteuern. Böse Geister melden mir, es würden in der Messe Wetten abgeschlossen, wieviele Bojen ich streifen würde. Ha! Am Ende überstehen es alle Markierungen schadfrei, und wir kommen ohne einen einzigen Kratzer am Lack im sonnigen Haderslev an.

 

Haderslev ist ein geschichtsträchtiges dänisches Städtchen. Immerhin wurde Haderslev bereits vor 1200 erstmals erwähnt. Heute gibt es eine schmucke Altstadt und den Dom zu besichtigen. Und natürlich gibt es hier am Wasser auch einen kleinen Yachthafen.

 

Tag 5

Der kommende Tag wird der längste Tag auf See auf dieser Fahrt - aber das wissen wir beim Ablegen noch nicht. Zuerst müssen wir den verwinkelten Fjord wieder zurück, und dann werden wieder Segel gesetzt. Bei Regen und starkem Wind machen wir in der Spitze 7,2 Knoten. Ein plötzliches Drehen und Auffrischen des Windes bringt Probleme; in der Messe wirbelt alles durcheinander, was nicht gesichert ist. Wie durch ein Wunder geht nichts zu Bruch. Ich stehe grad in der Kombüse und sehe, wie ein Topf mit Würstchen für das Mittagessen mit Karacho über die glatte Arbeitsfläche fegt, um dann schwungvoll - und vor allem mit dem Topfboden brav unten - im leeren Spülbecken landet.  Dann heißt es aber schnell raus an Deck; Segelmanöver!
Der Wind bleibt stark, wir segeln viel, fahren Wenden und Halsen und mühen uns, kommen aber im Ergebnis nicht wirklich voran. Uns ist es egal, wir sind ja zum Segeln hier, nicht zum Meilen schrubben.

Aber so langsam wird es eng; der Zielhafen Lyø ist noch weit weg. Das Abendessen gibt es daher heute auf See, bei schönstem Wellengang.

 

Ich entdecke heute ein neues "Hobby" für mich: Das Einbinden der Vorsegel. Zusammen mit einem erfahrenen Kollegen sowie unserem Matrosen Adam stehe ich - ordentlich gesichert natürlich - im Klüvernetz. Der Wind zerrt an den starren Segeln, die es zu bändigen gilt. Und das so, dass beim nächsten Segelsetzen durch leichten Ziehen am richtigen Tau von Deck aus das Segel wieder schnell frei kommt und hochgezogen werden kann. Das ist richtige Schwerstarbeit, macht aber auch wahnsinnig viel Spaß, so im schwankenden Klüvernetz zu stehen, das Meer, das im Takt der Schiffsbewegungen wenige Meter unter mir auf und ab wogt, zu erleben und den Wind zu spüren, der einen packt und schüttelt.

Um nichts in der Welt will ich jetzt woanders sein!
Und an den nächsten Tagen lässt Adam uns beide das allein machen; wir haben in seinen kritischen Augen wohl unsere Prüfung bestanden. 

In Lyø legen wir dann so gegen 22.00 Uhr an; den Anlegerkakao gibt es um 22.30 Uhr.

Lyø ist eine winzig kleine Insel; durch unser Erscheinen haben wir die Bevölkerungszahl nahezu verdoppelt. Um so erstaunlicher ist es, dass sich an dem kleinen Anlegesteg insgesamt vier Segelschiffe drängeln! Außer unserer HENDRIKA sind das die PIPPILOTTA, der Zweimaster FORTUNA sowie die SWAENSBORGH, letztere der selbe Schiffstyp wie unseres.

 

Der Tag war für alle ziemlich anstrengend, so dass sich die Messe bald leert.

 

Tag 6

Das Wetter ist am nächsten Morgen mies, es regnet unablässig. Dennoch lasse ich es mir nicht nehmen, von Bord zu gehen. Zum einen muss ich diesen tollen Anblick mit den 11 Masten der vier Schiffe im Bild festhalten.

Die Pippilotta ist eine alte Bekannte; die beiden anderen Schiffe aber hatte ich bisher noch nicht live gesehen. Die FORTUNA wurde 1909 in Holland als einmastiger Frachtsegler gebaut und bietet jetzt nach mehreren Umbauten als Zweimaster ebenso Segeltörns an wie unsere HENDRIKA.  Die SWAENSBORGH wurde 1907 in Moorenge als Zweimaster vom Stapel gelassen; auch sie hat einige Umbauten hinter sich und fährt heute ebenfalls als Charterschiff überwiegend auf der Ostsee.

 

In Lyø gibt es eine kleine Kirche, die für so einen segelschiffsbegeisterten Menschen wie mich ein hübsches Kleinod zu bieten hat: Von der Decke des Mittelgangs hängt ein schmuckes Votivschiff; solche Schiffe findet man sehr oft in Kirchen von Hafenstädten und Seemannsdörfern.

 

Zurück im Hafen erspähe ich in der Ferne einen weiteren Dreimaster; leider ist er zu weit weg, um zu erkennen, um welches Schiff es sich handelt.

Bevor wir die kleine Insel wieder verlassen, gibt es heute noch etwas Besonderes: Eine Alarmübung! Alle legen die Rettungswesten an - auch die beiden Maskottchen unseres Matrosen. Man fühlt sich doch gleich viel sicherer!

Dann wird wieder gesegelt, und heute treffen wir alte Bekannte:
An Backbord die PETRINE; sie setzt alles Zeug was sie hat - ein schöner Anblick!
An Steuerbord erblicken wir die PIPPILOTTA, und weiter achteraus querab die FORTUNA.
Weit hinten, aber noch gut erkennbar, eine alte Bekannte vom Vorjahr, die LOVIS.

 

 

Dann ist aber Schluss mit der gemütlichen Fahrt - es wird dramatisch: MANN ÜBER BORD!!!! Zum Glück ist es nur der Kollege Fenderball, der wieder eingefangen werden muss.

Dieser Tag heute bietet aber weitere Highlights. Jetzt wird das Motorschlauchboot zu Wasser gelassen, und wir dürfen für eine fröhliche Foto- und Spaßtour einsteigen. Zwei Runden ums Schiff zum Knipsen, und dann dreht Adam am Gashebel, und es geht rasant übers Wasser! Der Himmel zeigt sich in seltener Schönheit; so entstehen faszinierende Aufnahmen. Und ich schwöre sieben heilige Eide, dass der Himmel wirklich genau so war wie auf den Bildern zu sehen, da wurde nix nachträglich reingearbeitet!

Es ist Mittwoch; der Törn ist also mal gerade halb vorbei, und ich habe schon jede Menge aufregende Sachen erlebt. Und es geht so aufregend weiter, soviel kann ich schon mal versprechen.
Mittwoch heißt bei diesem Törn auch traditionsgemäß: Bordfest! Aber dazu müssen wir erst einmal einen Hafen ansteuern. Ich kümmere mich wieder mit meinem Kollegen Karl-Heinz um die Vorsegel.  Ist schon echt anstrengend!

Wir machen in Søby fest; den Hafen kennen wir auch schon vom Vorjahr. Witzigerweise liegt dort die LOVIS - auch wie im Vorjahr.

Nach dem Abendessen wird die Messe geschmückt, und dann zieht sich jede und jeder zurück, um sich dem Motto des Abends entsprechend passend auszustatten. Das Fest hat als Thema "Film und Fernsehserien".
Aus Gründen der Wahrung von Persönlichkeitsrechten verzichte ich an dieser Stelle auf Bilder - nur soviel sei gesagt: Die Gesellschaft, die sich zum Fest einfand, war hollywoodreif!
Eins darf ich aber hier verraten: Der Tod fährt auf so einer Reise immer mit...